Piz Ela über den Südostgrat - ein lang gehegter Traum

 

 

 

Der höchste Dolomitberg der Schweizer Alpen hätte sich für sein Dasein kein schöneres Plätzchen aussuchen können: Mit seinen 3339 Metern überthront er seine Nachbaren bei weitem und die schroffen und steilen Felstürme tragen das Übrige zu seiner Prominenz bei.

So stand der Piz Ela nun schon seit einigen Jahren auf unserer Touren-Wunschliste. Letztes Wochenende sollte es dann endlich passen: Wir hatten diese Saison bereits einige Gratklettereien in den Armen und Beinen, welche uns das nötige Selbstvertrauen für die für unsere Verhältnisse anspruchsvolle Tour lieferten. Mit zwei zNacht und zMorge bepackt stiefelten wir also am Freitagmorgen von Bergün aus Richtung Selbstversorgerhütte Ela. 

 

Den Samstag begannen wir zeitig um vier Uhr, knabberten mit wenig Appetit an unseren "Overnight-Oats" und starteten in tiefster Dunkelheit Richtung Elapass. Für heute war die Sternschnuppennacht angekündigt, Simon erblickte gar deren fünf! Nach etwas mehr als einer Stunden erreichten wir den Pass, dort stiegen wir kurz ab und liefen weiter Richtung Fuorcla da Tschitta, die wir nach einer weiteren Stunde erreichten und wo uns die ersten Sonnenstrahlen begrüssten. 

Von der Fuorcla da Tschitta erhaschten wir das erste mal einen Blick auf den Südostgrat. Um zum Einstieg zu gelangen, umgingen wir die ersten drei Türme, ehe wir Klettergurt, Sicherungsmaterial und Seil montierten. Der erste Teil der Route ist unübersichtilich: Im Zickzack stiegen wir den Grat hinauf, oft in brüchigem Gelände und nie sicher, dass wir den richtigen Weg gewählt hatten.

 

Glücklicherweise wurde mein Kletterpartner mit einem inneren Routen-Navi geboren ;-). Die Schwierigkeit der Kletterei bewegte sich anhaltend im 2. und 3. Grad, gespickt mit mehr oder weniger brüchigen Vierer-Stellen. Geniessen konnten wir diesen ersten Teil kaum, sodass wir mit Erleichterung den Vorgipfel erreichten (Pkt. 3180). 

 

Ab hier begann Hochtourenkletterei nach unserem Gusto, über etliche kleine Türme und Scharten, unter dem "Füdli" immer viel Luft. Der steile Blick hinunter ins Tal, in die Bernina und zum Corn da Tinizong (unserem morgigen Gipfelziel) liessen mich wünschen,  der Grat solle nie zu Ende gehen.

 

Die Schlüsselseillänge befindet sich direkt über dem berühmten Elaloch. Die Stelle ist gut abgesichert, aber im 5. Schwierigkeitsgrad in hohen Schuhen muss man doch die Hände kurz aus den Hosentaschen nehmen - Simon steigt die Länge jedoch problemlos vor. Danach folgten die letzten Kraxelmeter hoch zum Gipfel. 

Als wir das Gipfelbuch aufschlugen, huschte uns ein Grinsen übers Gesicht: Erst die zweite Begehung dieses Jahr - Prädikat "Näbs de Spur" verdient. Die Tour ist auf dem Gipfel allerdings noch nicht gegessen: Zuerst stiegen wir über den Westgrat in mühsamen und brüchigem Gelände zum Westgipfel, dann ging es sehr steil in Falllinie hinunter. Wir trafen immer wieder auf Bohrhaken, der Fels war bis zur Frühstücksplatte griffig. Danach gelangten wir jedoch immer mehr in die mit Rollsplit übersäte Flanke. Genuss ist etwas anders! Ich zählte die Schritte und traute mich gar nicht mehr nach unten zu blicken, da der feste Boden kaum näher zum kommen schien.

 

Nach etwa drei Stunden mühsamen Abstiegs schafften wir es, uns auf das übergrosse Geröllfeld unterhalb der Westflanke zu retten. Die letzten Meter hinunter zur Elahütte rannten wir beinahe: Wir konnten es kaum erwarten, uns ins Gras zu legen, zu entspannen und unsere feine Rösti zu brutzeln :-).

Für den nächsten Tag planten wir das Corn da Tinizong über den Westgrat zu besteigen. Eine wunderbare Klettertour, die für alpine Verhältnisse sehr gut abgesichert ist. Einzig der Zustieg durch ein brüchiges und steiles Couloir trübte den Aufstieg. Ansonsten ist der Fels fest und die Tour toll! 

Der Abstieg über den Ostgrat gestaltete sich dann allerdings ähnlich wie am Vortag: Mühselig und lang. Einige Male seilten wir ab, der Rest wackelten wir in heiklem Gelände irgendwie hinunter. 

Gipfelfreuden ;-).
Gipfelfreuden ;-).
Blick zurück zum Corn da Tinizong.
Blick zurück zum Corn da Tinizong.

Zur Tour:

 

Piz Ela

 

Die Route über den Südostgrat zum Piz Ela wird im Topoführer von D. Silbernagel als "eine grosse Bergtour" beschrieben. Das ist sie in der Tat und sollte nicht unterschätzt werden. Ein gutes Gespür für die richtige Route sowie sicheres Klettern in den hohen Schuhen ist ein Muss. Die Schwierigkeit wird mit ZS+ (Klettern bis 5a) angegeben.

 

Corn da Tinizong

 

Schönste Hochtourenkletterei, welche bestens abgesichert und "dubbeli-sicher" gekennzeichnet ist. Schwierigkeiten bis zum 4. Grad. Trotzdem sollte die Tour, gerade auch wegen des mühsamen Abstiegs, nicht unterschätzt werden.


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Kommentare: 1
  • #1

    Udi♥️ (Dienstag, 23 August 2016 18:40)

    Tönen schon krass, eure Touren