Skihochtouren in Arolla

Der breite Rücken des Mont Brulé vom Refuge des Bouquetins (Foto: Céline & Adrian).
Der breite Rücken des Mont Brulé vom Refuge des Bouquetins (Foto: Céline & Adrian).

 

 

 

Gemeinsam mit Céline, Adrian, Kathrin und Oli tuckerten wir an Auffahrt vorbei an den Moränenzapfen von Euseigne im Postauto das urchige Val d'Hérens hoch. Die Viertausender und die Pigne d'Arolla, die im Talabschluss majestätisch in den Himmel ragen, ziehen mich jedes Mal in ihren Bann.

 

In Arolla stiegen wir aus, schulterten die Ski sowie die schweren Rucksäcke mit Essen für die nächsten vier Tage. Den eindrücklichen Mont Collon vor Augen liefen wir tratschend unter der heissen Frühlingssonne bis zum Haut Glacier d'Arolla, wo wir die Ski an die Füsse schnallen konnten und in gemächlichem Tempo bis unterhalb des Refuge des Bouquetins marschierten. Hier verabschiedeten wir uns von Kathrin und Oli für die nächsten zwei Tage, da sie die Dent d'Hérens in Angriff nehmen wollten. Wir hingegen liessen beinahe den gesamten Rucksackinhalt liegen und peilten den Mont Brulé an. Dafür traversierten wir den Collonpass, danach folgten wir dem nicht zu enden wollenden Westgratrücken. Auf dem Gipfel  begrüsste uns dann jedoch eine wunderbare Rundumsicht: Die Walliser Viertausender, Mont Blanc, Gran Paradiso und viele unbekannte italienische Gipfel liessen uns die Anstrengung und die noch kommenden Höhenmeter hinauf zum Refuge des Bouquetins vergessen. Dort trafen wir kurz vor sechs Uhr abends ein -  die Polenta mit Gorgonzola schmeckte nach diesem lange Tag umso besser. 

Mit noch müden Beinen vom Vortag starteten wir bei Dämmerung Richtung Col de l'Éveque. Im Süden breitete sich ein riesiges Nebelmeer aus, nur die höchsten Gipfelspitzen schauten hervor. Schweigend gleiteten wir den gefrorenen Schnee bis zum Pass hoch, wo wir die Felle verpackten und an den Fuss der l'Éveque-Nordwestflanke fuhren. Diese hochkämpfend montierten wir schon bald die Harscheisen, Spitzkehre rechts, Spitzkehre links, immer wieder diesselben Bewegungen bis wir beim Skidepot auf etwa 3500 Metern eintrafen. Wir folgten dem steilen Gletscher bis zum Nordostgrat, der uns zu einem Couloir und weiter hinauf leicht kletternd in den Sattel zwischen dem Nord- und Südgipfel führte. Von dort wackelten wir auf dem ungespurten und ausgesetzten Grat die letzten Meter hoch zum Hautgipfel: Eine spannende Skihochtour, die alles bietet, nicht zuletzt eine traumhafte Firnabfahrt in bester Steilheit. 

 

 

 

Aussicht von der Éveque zum Grand Combin und Mont Blanc.
Aussicht von der Éveque zum Grand Combin und Mont Blanc.

Am Fusse der Éveque wieder angekommen, erwartete uns nun noch der Weg über den Glacier du Mont Collon hinauf zum Bivouac de l'Aiguillet de la Singla, diesem lustigen Häuschen, balancierend auf einem Grat, auf halbem Weg zum Gipfel der Aiguillette. Wir trafen gegen Nachmittag ein, faulenzten, kochten, genossen die wunderbare Sicht auf die morgigen Gipfelziele und assen um acht Uhr abends das Dessert auf dem Gipfel der Aiguillette.

 

Adrian und Céline starteten am nächsten Morgen in Richtung Aouille Tseques. Da Simon und ich diesen Gipfel bereits vor einigen Wochen bestiegen hatten, liefen wir auf direktem Weg den Glacier de Blanchen hinauf - ein steiler Cheip, nur mühsam kamen wir zwischen Spalten und gefrorenen Nassschneerutschen vorwärts. Wir bestiegen die Pointe de Boette sowie den Grand Blanchen, beide Gipfel gespickt mit spannenden aber einfachen Kletterstellen. 

 

Danach erwarteten wir Céline und Adrian im Pass zwischen Grand und Petit Blanchen, um gemeinsam letzteren noch zu besteigen. Die Abfahrt den Gletscher hinunter, über den wir am Morgen noch geflucht hatte, entlockt uns einen Juchzer nach dem anderen: Es herrschten wunderbare Firnverhältnisse! 

 

In der Hütte erwarteten uns bereits zwei verschlafene, bekannte Gesichter: Oli und Kathrin hatten ihr Viertausenderprojekt erfolgreich gemeistert. Wie bereits am Vortag genossen wir den Nachmittag in der Sonne, immer darauf bedacht keinen Sonnenbrand oder -stich davon zu tragen.

Müde von den letzten drei Tagen entschieden wir uns dafür, über die Pigne d'Arolla das Gebiet zu verlassen. Die Route führte uns in der Dämmerung zuerst entlang des topfebenen Otemma-Gletschers bis unterhalb der inzwischen unbewarteten Vignetteshütte. Von dort aus stiegen wir in einem Rutsch in angenehmer Steigung zügig hoch zum Gipfel. Wir genossen die Einsamkeit hier oben - es schien, als hätten die meisten anderen Tourengeher ihre Ski bereits in die Keller verlagert. Wir wurden allerdings mit einmal mehr fabelhaften Firnhängen belohnt. So nahmen wir auch gerne in Kauf, die letzten Höhenmeter hinunter nach Arolla die Ski schultern zu müssen - mit Aussicht auf ein leckeres Glacé bei "Skitouren-Saison-wohl-bald-zu-Ende"-Temperaturen (30° in Sion...).


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